Unser Ziel: Kinder besser zu versorgen

Gerne. Im Moment haben wir in Deutschland oft folgende Situation: Viele Kinder werden zur Abklärung von zum Beispiel chronischen Bauchschmerzen, chronischen Kopfschmerzen oder einer intravenösen Antibiotikatherapie stationär, also über Nacht, aufgenommen. Für die kleinen Patienten ist das oft nicht so positiv und auch unnötiger Stress. Und für Eltern heißt es dann: „Wer kann in der Klinik bleiben?“ und „Wer kümmert sich um die Geschwister?“. Darüber hinaus haben viele dieser Kinder bereits einen langen Leidensweg hinter sich und werden von Arzt zu Arzt und von Untersuchung zu Untersuchung geschickt. Bisweilen dauert es Monate bis Jahre, bis die Diagnose gestellt ist.

Genau hier setzt das kidZ-Programm an: Wir planen alle notwendigen Untersuchungen innerhalb von zwei bis drei Tagen, lassen Kind und Eltern tagsüber zu den Untersuchungen in die Klinik kommen und nachts in ihrer vertrauten Umgebung – zu Hause – schlafen. Auf diese Weise können wir in der Klinik effizienter und zeitgleich fachübergreifend zusammenarbeiten, auf mögliche Erkenntnisse sofort reagieren und geplante Untersuchungen anpassen. Das sind große Vorteile gegenüber den üblichen ambulanten Terminen, den langen Wartezeiten bis zu einem Termin und der Abhängigkeit des niedergelassenen Kollegen, der auf den Arztbrief mit den Befunden wartet, um abhängig davon wieder weiterführende Diagnostik bei anderen Spezialisten zu planen.

Im kidZ-Programm haben wir die Möglichkeit, dass ein Kind zum Erstgespräch kommt. Je nach Anamnese planen wir, welche Untersuchungen innerhalb mehrerer Tage tagsüber in der Klinik stattfinden sollen und welche Fachbereiche in diesem speziellen Fall erforderlich sind. Sind die Patienten tagsüber in der Klinik, haben wir zum einen die Flexibilität, Untersuchungen zu schieben und zum anderen können Absprachen innerhalb der Klinik mit anderen Spezialisten schneller stattfinden. Zum Beispiel: Hat ein Kind Kopfschmerzen, ist der Kinderneurologe dabei; zeigt sich, dass die chronischen Schmerzen auch eine psychische Belastung für den Patienten sind, kommt der Psychologe hinzu. Stellt sich bei einer Untersuchung heraus, dass eine Magen-Darmspiegelung nötig ist, können wir den Gastroenterologen direkt mit einbeziehen. So können wir innerhalb von zwei bis drei Tagen eine Vielzahl an Untersuchungen durchführen und die Patienten multidisziplinär mit allen beteiligten Spezialisten besprechen. Am letzten Tag bespricht der klinische Kinderarzt mit den Eltern das Ergebnis aller Untersuchungen und erklärt, welche Therapien nötig sind.

Konkret heißt das also: Kind und Eltern bleibt die teilweise monatelange diagnostische Phase erspart, in der man auf Arztbriefe wartet und dann zum nächsten Spezialisten geschickt wird. Der neue Prozess sieht vor, dass alle Experten in der Klinik sind, Absprachen schneller stattfinden und das Kind im Zentrum steht, für dessen Wohl alle beteiligten Spezialisten zusammenarbeiten. Auf diese Weise können wir dem Kind zügiger helfen und es ist für Kind und Eltern entspannter, da es keine Übernachtungen im Krankenhaus gibt. Ein sogenannter ‚Casemanager‘ ist die ganze Zeit an ihrer Seite, bespricht hinterher die Ergebnisse und macht einen Therapievorschlag. Ich denke, wir können damit wirklich etwas ganz Positives für die Patienten und ihre Familien erreichen.

Ich bin überzeugt, es ist eine große Chance für eine bessere und entspanntere Behandlung unserer Patienten und deren Familien – das ist eigentlich meine Haupt-Triebfeder. Außerdem denke ich, ist es eine seltene Win-Win-Situation, sowohl für die Patienten, aber auch für die Krankenkassen und Krankenhäuser, da wir effektiver arbeiten können, aber gleichzeitig Kosten, beispielsweise für stationäre Übernachtungen, einsparen und Pflegekräfte entlastet werden können. Das finde ich unbedingt unterstützenswert.

Aktuell schaue ich vor allem bei Kindern mit dem Befund chronische Bauchschmerzen, Ohnmacht oder Einnässen beziehungsweise Einkoten genauer hin, ob sie für das kidZ-Programm geeignet sind. Aber die finale Entscheidung kann ich eigentlich erst treffen, wenn das Kind mit seinen Eltern vor mir sitzt und ich mehr über die Krankheitsgeschichte erfahre. Denn oft zeigt sich im Gespräch, dass noch mehr dahintersteckt, als auf der Überweisung steht. Halte ich eine Behandlung im Rahmen des kidZ-Programm bei einem Patienten für sinnvoll, wird diese Möglichkeit mit den Eltern besprochen, der eigene Kinderarzt informiert und – wenn alle einverstanden sind – der Patient im Rahmen dieses Projektes behandelt. In der näheren Zukunft ist aber geplant, dass es ein kidZ-Team zusammen mit den niedergelassenen Ärzten gibt, sodass diese ihre Patienten zum kidZ-Team in die Klinik schicken können.

Eigentlich super positiv. Bis jetzt habe ich natürlich vor allem die Eltern erreicht, deren Kind sich bereits lange im Diagnoseprozess befindet. Diesen Eltern habe ich das kidZ-Programm und die Vorteile näher erklärt und die meisten haben sich entschlossen, teilzunehmen. Hinterher wurde dieses Projekt und seine Vorteile eigentlich bisher von allen Eltern und Patienten, wenn sie alt genug dafür waren, als sehr positiv wahrgenommen: Kurze Wege, ein vertrautes Team, eine schnelle, minimal belastende Diagnostik und hinterher ein Gespräch mit einer deutlichen Diagnose und Therapieempfehlung.