Mit kidZ entwickeln wir die Pädiatrie der Zukunft.

Gerne. Im Moment haben wir in Deutschland oft folgende Situation: Viele Kinder werden zur Abklärung von zum Beispiel chronischen Bauchschmerzen, chronischen Kopfschmerzen oder einer Antibiose-Gabe stationär aufgenommen. Für die kleinen Patienten ist die stationäre Aufnahme eine Belastung und bedeutet auch teilweise unnötigen Stress einer oder mehrerer Übernachtungen fern von zu Hause. Und für Eltern heißt es dann: „Wer kann in der Klinik bleiben?“ und „Wer kümmert sich um die Geschwister?“. Darüber hinaus haben viele dieser Kinder bereits einen langen Leidensweg hinter sich und wurden von Arzt zu Arzt und von Untersuchung zu Untersuchung geschickt, ohne dass eine deutliche Diagnose oder ein Behandlungstrajekt aufgestellt worden ist.

Genau hier setzt das kidZ-Programm an: Wir straffen notwendige Untersuchungen auf zwei bis drei Tage; alles ist schon organisiert: Das erste Gespräch, alle erforderlichen Untersuchungen, wobei gegebenenfalls fachübergreifend zusammengearbeitet wird; am Ende erfolgt ein abschließendes Behandlungsgespräch und ein Therapievorschlag an den niedergelassenen Kinderarzt. Wir lassen Kind und Eltern tagsüber zu den Untersuchungen kommen und können auf diese Weise effizienter und zeitgleich multidisziplinär zusammenarbeiten, auf mögliche Erkenntnisse sofort reagieren sowie geplante Untersuchungen anpassen und die Kinder doch zu Hause in ihrer bekannten Umgebung schlafen lassen. Das sind große Vorteile gegenüber den üblichen ambulanten Terminen, bei denen eine multidisziplinäre Zusammenarbeit viel aufwendiger ist, mehr Zeit erforderlich ist und der Weg zu Diagnose und Therapie meist um ein Vielfaches länger ist.

Der Prozess ist besser strukturiert. Wir haben die Möglichkeit, dass ein Kind zur Intake-Sprechstunde kommt. Je nach Anamnese planen wir dann zusammen mit den Eltern, welche Untersuchungen innerhalb mehrerer Tage tagsüber in der Klinik stattfinden sollen. Dadurch haben wir auch die Flexibilität, Untersuchungen zu schieben, was bei geplanten ambulanten Terminen nicht möglich ist. Auch die Absprachen innerhalb der Klinik mit anderen Spezialisten finden schneller statt, da wir die Spezialisten anderer Fachbereiche leichter miteinbeziehen können. Sprich: Hat ein Kind Kopfschmerzen, ist der Kinderneurologe dabei. Stellt sich heraus, dass eine Gastro-Koloskopie nötig ist, können wir den Gastroenterologen direkt dazu holen. So gelingt es uns, innerhalb von zwei bis drei Tagen eine Vielzahl an Untersuchungen und Konsile mit anderen Fachbereichen durchzuführen, was sonst häufig Wochen bis Monate dauern kann. Am letzten Tag bespricht der Kinderarzt mit den Eltern das Ergebnis und stellt einen Therapievorschlag für den niedergelassenen Kollegen auf. Zudem ist im Rahmen des kidZ-Projektes vorgesehen, dass die niedergelassenen Kollegen ebenfalls Teil des kidZ-Teams rund um einen Patienten sind, um die Expertise eines jeden optimal zu nutzen und sich vernetzen zu können.

Konkret heißt das: Wir sparen uns die teilweise monatelange diagnostische Phase, in der der niedergelassene Kollege auf Befunde und Arztbriefe wartet, um den Patienten dann zum nächsten Spezialisten zu schicken, wo das Warten auf einen Termin erneut beginnt. Der neue Prozess sieht vor, dass alle Experten im Zentrum der kidZ-Klinik zusammenarbeiten, Absprachen schneller stattfinden und wir flexibel umplanen können. Auf diese Weise können wir dem Kind zügiger helfen und es ist für Kind und Eltern entspannter, da es keine Übernachtungen im Krankenhaus gibt und sie auf ein erfahrenes und gut eingespieltes Team vertrauen können. Ich denke, wir können damit wirklich etwas ganz Positives für die Patienten und die Familien der Patienten erreichen und das Kind ganzheitlich behandeln.

Das erste Kind haben wir im Oktober 2021 ins kidZ-Programm aufgenommen. Bis Dezember konnten wir bereits neun Kinder im Programm aufnehmen.

Ich denke, wir können so eine effizientere und bessere multidisziplinäre Diagnostik und Behandlung in einer entspannten Umgebung und in der untersuchungsfreien Zeit zu Hause anbieten – das ist eigentlich meine Haupt-Triebfeder. Außerdem denke ich, ist es eine seltene Gelegenheit einer Win-Win-Situation, in der sowohl für die Patienten, aber auch für die Krankenkassen und Krankenhäuser ein positiver Effekt entsteht, da wir effektiver arbeiten können, gleichzeitig aber Kosten, beispielsweise für stationäre Übernachtungen – einsparen können, und wir so nachts das Pflegepersonal entlasten können. Das finde ich unbedingt unterstützenswert.

Wenn im Nachtdienst beispielsweise drei Kinder weniger auf Station sind, weil sie im kidZ-Programm sind, hat die Pflegekraft mehr Zeit, sich um die anderen Kinder zu kümmern. Denn sauerstoffpflichtige Kinder oder Kinder mit einer Infusionstherapie können wir nicht nach Hause schicken, aber wir erleichtern der Pflegekraft die Arbeit durch die geringere Patientenzahl, sodass sie sich besser um die Kinder kümmern kann, die auch nachts unsere Behandlung und Zuwendung benötigen.

Prinzipiell sehr gut. Denn es ist nicht unser Ansinnen, den Niedergelassenen ihre Patienten wegzunehmen, sondern ihnen die Arbeit zu erleichtern und in diesen Fällen eher als Case-Manager aufzutreten. Die Kinder wären so oder so überwiesen worden – nur jetzt kommen sie zu uns als Teil des kidZ-Programms. Langfristig möchten wir erreichen, dass auch die niedergelassenen Kollegen Teil unseres kidZ-Teams sind und wir einander in der Begleitung unserer Patienten ergänzen. Ich möchte natürlich erst einmal mit allen niedergelassenen Kollegen der Region sprechen, das Ziel und die Chancen des Programms erklären. Das ist positiv für die Patienten, aber eben auch für die Ärzte – und bisher erhielt ich immer eine sehr positive Resonanz, wenn ich das kidZ-Programm erklärte.

Aktuell schaue ich vor allem bei Kindern mit chronischen Bauchschmerzen, bei Synkopen oder Enuresis/Enkopresis genauer hin, ob sie für das kidZ-Programm passen. Aber die finale Entscheidung kann ich eigentlich erst treffen, wenn das Kind mit seinen Eltern vor mir sitzt und ich mehr über die Krankheitsgeschichte erfahre. Denn oft zeigt sich erst im Gespräch, was für Untersuchungen erforderlich sind, ob mehrere Fachrichtungen mit einbezogen werden sollten und ob es möglich ist, die Kinder zu Hause schlafen zu lassen oder gerade eine Beobachtung nachts sinnvoll wäre. Halte ich es für sinnvoll, einen Patienten in das kidZ-Programm einzubinden, bespreche ich dies mit den Eltern, plane die erforderliche Diagnostik und teile dies den überweisenden Kollegen mit. Sind alle einverstanden, wird der Patient in dieses Programm eingeschlossen.